Die Teilnehmer werden anhand praktischer Beispiele durch alle Nachtragsvorschriften der VOB/B und des BGB geführt. Dabei werden die Unterschiede herausgearbeitet und erläutert, wann welche Vorschriften gelten.
Inhalte und Ziele
Es gibt kaum ein Thema, über das so viel gestritten wird wie über Nachträge am Bau. Eine Hauptursache dafür ist, dass Bauvorhaben nicht vor ihrem Beginn zu Ende geplant, sondern endgültige Planungsentscheidungen erst im Bauverlauf getroffen werden. Häufig beruhen Leistungsbeschreibungen auf Standardtexten oder sind unklar bzw. widersprüchlich. Auch das führt zu Streit über die Frage, welche Leistungen bereits nach dem Vertrag geschuldet sind und wofür eine geänderte oder zusätzliche Vergütung geschuldet ist.
Unternehmer erkennen Nachträge oft zu spät bzw. verkennen die rechtlichen Voraussetzungen für Nachtragsansprüche. Auch der notwendige Schriftverkehr und die Dokumentation werden häufig vernachlässigt. Deshalb behandeln wir die Frage, wie mit widersprüchlichen bzw. unklaren Leistungsbeschreibungen umzugehen ist. Dabei geht es um die Auslegung des Bauvertrags und Hinweispflichten des Auftragnehmers.
Schließlich werden die Teilnehmer anhand praktischer Beispiele durch alle Nachtragsvorschriften der VOB/B und des BGB geführt. Dabei werden die Unterschiede herausgearbeitet und erläutert, wann welche Vorschriften gelten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Mengenänderungen wegen falscher Mengenangaben bei Einheits- und Pauschalverträgen sowie der Abkehr von der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung durch den BGH im August 2019. Am Ende des Seminars besprechen wir das Thema Lieferengpässe und Materialpreiserhöhungen aufgrund des Ukraine-Kriegs.
Ziel des Seminars ist es, den Teilnehmern fundierte Kenntnisse über alle relevanten Vergütungs- und Nachtragsfragen zu vermitteln.
Seminarablauf
Nachtragssystematik der VOB/B
- Einseitige Anordnungsrechte des Auftraggebers nach § 1 Abs. 3 und 4 VOB/B
- Die Nachtragsvorschriften der VOB/B in § 2 Abs. 5 und 6
- Die Auswirkung der BGH-Entscheidung vom 08.08.2019 auf die Höhe der Nachtragsvergütung unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Kammergerichts und der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Brandenburg
Die Nachtragsvorschriften im BGB für ab dem 01.01.2018 abgeschlossene Bauverträge
- Das “Änderungsbegehren” des AG/Verpflichtung des AN zur Erstellung eines Nachtragsangebotes (§ 650b BGB)
- Herbeiführung des Einvernehmens über die Änderung und die Vergütungsanpassung
- Anordnungsrecht erst nach 30 Tagen
- Vergütungsanpassung nach § 650c BGB entweder nach tatsächlich erforderlichen Kosten oder einer hinterlegten Auftragskalkulation
- Die 80 %-Regelung in § 650c Abs. 3 BGB
- Das einstweilige Verfügungsverfahren nach § 650d BGB
Unterschiede in der Berechnung des Nachtragsanspruchs der Höhe nach zwischen BGB und VOB/B
- Änderungen der beauftragten Leistung
- Zusätzliche Leistungen
Bedeutung der BGB Nachtragsvorschriften für Bauverträge / Wann gelten welche Regelungen?
- Bedeutung des AGB-Rechts
- AGB-rechtlich unwirksame VOB/B-Vorschriften
Die Bedeutung der Auslegung des Bauvertrages / zentrale Auslegungsgrundsätze
- Auslegung des Vertrages als sinnvolles Ganzes nach dem objektiven Empfängerhorizont
- Grundsatz des Vorrangs der spezielleren Regelung nach dem Sprachverständnis der einschlägigen Verkehrskreise
- Umgang mit Widersprüchen zwischen Text und Plan
- Die Bedeutung der Abschnitte 4 der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (VOB/C), DIN 18299 ff.
- Bedeutung und Wirksamkeit von Rangfolgeregelungen
Mengenabweichungen beim Einheitspreisvertrag nach § 2 Abs. 3 VOB/B
- Mengenabweichungen um mehr als 10 % ohne auftraggeberseitige Anordnung
- Grundsatzentscheidung des BGH vom 08.08.2019
Mengenabweichungen bei Pauschalverträgen nach § 2 Abs. 7 VOB/B
- Unterschiedliche Pauschalvertragstypen; Detail- oder Global-Pauschalvertrag
- Die 20 %-Grenze bei Mengenabweichungen im Detail-Pauschalvertrag
Lieferengpässe und Materialpreiserhöhungen aufgrund des Ukraine-Kriegs