AGB Klausel zum Ausschluss des Selbstvornahmerechts zulässig?

Die Verlockung, Gewährleistungsrechte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu beschränken oder auszuschließen, ist für Unternehmen oftmals groß, allerdings in der Regel unzulässig. Was jedoch überlegt werden könnte, ist in den AGB von Bauverträgen zumindest das Selbstvornahmerecht des Vertragspartners auszuschließen.

Die Selbstvornahme ist im Rahmen der Gewährleistung dann möglich, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist. Mithin wird die Selbstvornahme als ein wichtiger Teil des Schadensersatzrechts im Rahmen des Werkrechts gesehen und eröffnet dem Besteller die Möglichkeit, bei fruchtlosem Verstreichen einer dem Unternehmer unter Ankündigung der Selbstvornahme gesetzten Frist die Mängelbeseitigung sodann auch tatsächlich selbst vorzunehmen und hierfür anschließend entweder Kostenersatz oder auch gemäß § 637 Abs. 3 BGB einen Vorschuss auf die Mangelbeseitigungskosten zu verlangen.

Dabei ist zu beachten, dass eine Abrechnung auf Basis fiktiver Mangelbeseitigungskosten seit dem Urteil des BGH vom 22.02.2018 – VII ZR 46/17 nicht mehr zulässig ist. Denn der Auftraggeber ist nach dieser Entscheidung erst dann in seinem Vermögen gemindert, wenn er tatsächlich den Schaden auf eigene Kosten beseitigt hat. Der Mangel an sich ist nur ein sogenanntes „Leistungsdefizit“, aber gerade noch kein Schaden. Dazu berichteten wir bereits im Bauchrecht Newsletter aus dem April 2018 (https://bauleiterschulung.de/media/0418_a4.pdf).

Auf der Grundlage dieser Entscheidung wird nun bezüglich des Ausschlusses des Selbstvornahmerechts in AGB teilweise vertreten, dass dieser Ausschluss unzulässig sei und die entsprechende Klausel folglich unwirksam, da es dem Auftraggeber nicht zuzumuten sei, dass sein Leistungsinteresse dadurch gefährdet wird, indem er den Mangel unzumutbar lange hinnehmen muss und Gefahr läuft, über die hierfür entstandenen Kosten auch noch einen Rechtsstreit zu führen. Richtig ist zwar, dass jeder Ausschluss von Rechten des Bestellers, die ihn entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, nach § 307 I, II Nr. 1 BGB eine unwirksame Klausel darstellt. Dies ist unserer Meinung nach in Bezug auf den Ausschluss des Selbstvornahmerechts aber nicht anzunehmen; denn solange dem Auftraggeber die anderen Gewährleistungsrechte, wie der Schadenersatz statt der Leistung, die Minderung oder der Rücktritt weiterhin zustehen, so wird er auch nicht unangemessen benachteiligt. Sein Leistungsinteresse bleibt daher geschützt.

Dieses Ergebnis lässt sich auch aus der vorzitierten Entscheidung des BGH zur Unzulässigkeit fiktiver Mangelbeseitigungskosten ableiten. Das Selbstvornahmerecht ermöglichte bis zu dieser Entscheidung ebenfalls die Möglichkeit, fiktive Mangelbeseitigungskosten als Kostenvorschuss im Rahmen des Selbstvornahmerechts geltend zu machen. Dies ist aber nun auch in Bezug auf das Selbstvornahmerecht nicht mehr möglich. Vielmehr können ebenfalls nur noch die Kosten bei Durchführung der Mangelbeseitigung ersetzt verlangt werden, da der BGH entschieden hat, dass dem Auftraggeber erst bei Beseitigung des Mangels ein Schaden in Höhe der Mangelbeseitigungskosten entsteht. Den Ersatz dieses Schadens erlangt der Auftraggeber allerdings nicht nur durch ein etwaiges Selbstvornahmerecht, sondern auch durch andere Gewährleistungsansprüche, wie bspw. die Minderung, die im Ergebnis ebenfalls zu einer Kompensation des durch eine etwaige Beseitigung des Mangels entstandenen Schadens führen kann. Dieses Vorgehen erfüllt praktisch gesehen den gleichen Zweck, denn dem Auftraggeber wird durch den Ausschluss auch hier kein Recht verwehrt.

Die Entscheidung des BGH lässt den Schluss zu, dass gerade nicht durch jeden gegebenen Nachteil für den Auftraggeber auch per se eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 BGB vorliegt. Damit kann ein in den AGB ausgeschlossener Anspruch zum Kosten- bzw. Aufwendungsersatz nach Selbstvornahme durchaus genauso gut als zulässig interpretiert werden.

Auch wenn die Selbstvornahme die Möglichkeit des Vorschusses vorsieht, die dann ebenfalls bei Ausschluss wegfallen würde, so kann der Besteller alle die mit Durchführung der Mängelbeseitigung angefallenen Kosten als Schaden im Nachhinein ersetzt verlangen. Das Argument von Stimmen in der Literatur, dass dem Auftraggeber dadurch ein Nachteil entstehen könnte, weil er auch im Wege des Schadensersatzes statt der Leistung keinen Vorschuss mehr geltend machen könnte und bis zum Ersatz des Schadens in Vorleistung gehen müsste, hat sich durch den Beschluss des BGH vom 08.10.2020 – VII ARZ 1/20 aus unserer Sicht erübrigt. Denn der BGH kommt zu folgender Annahme:

„Es ist indes nicht erkennbar, aus welchen Gründen §§ 280, 281 BGB allgemein – für alle Vertragstypen – eine Bemessung des Vermögensschadens nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten erfordern sollten, wenn der Gläubiger sein Leistungsinteresse nicht in der Weise wahrt, dass er den Erfolg selbst herbeiführt. In diesem Fall bleibt es dabei, dass dem Besteller anstelle eines mangelfreien Werks ein mangelhaftes Werk zur Verfügung steht. Daher ist dieses Ergebnis – jedenfalls im Werkvertragsrecht – auch der richtige Bezugspunkt für die Bemessung des Vermögensschadens. Der Gläubiger kann dann nach allgemeinen schadensersatzrechtlichen Grundsätzen verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn der Schuldner den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte (BGH JZ 2010, 20 = BeckRS 2009, 6498 Rdnr. 20). Danach ist die aufgrund der nicht ordnungsgemäßen (Nach-)Erfüllung gegebene tatsächliche Vermögenslage mit der hypothetischen Vermögenslage bei ordnungsgemäßer (Nach-)Erfüllung zu vergleichen. Dabei belasten mangels Selbstvornahme nicht anfallende, fiktive Mängelbeseitigungskosten, die im Rahmen des Vermögensvergleichs aufzustellende Vermögensbilanz des Bestellers aus Sicht des VII. Zivilsenats nicht.

Aus dieser Argumentation lässt sich schlussfolgern, dass dem Auftraggeber erst dann ein echter Vermögensschaden entstanden ist, wenn er den Mangel tatsächlich hat beseitigen lassen. Die durch die Mangelbeseitigung entstandenen Kosten kann er aber trotz eines AGB-rechtlichen Ausschlusses des Selbstvornahmerechts durch den Schadensersatz statt der Leistung sowieso nur im Nachhinein ersetzt verlangen, sodass er nicht schlechter gestellt ist, als ohne einen Ausschluss des Selbstvornahmerechts. Zudem hat der BGH in diesem Urteil darauf hingewiesen, dass das Gesetz den Kostenvorschuss explizit für den Fall der Selbstvornahme vorgesehen hat, was den Schluss zulässt, dass über andere Gewährleistungsinstitute kein Kostenvorschuss verlangt werden kann und auch nicht gewollt ist. Mithin lässt sich annehmen, dass durch den Ausschluss des Selbstvornahmerechts in AGB der Grundgedanke des deutschen Schadensersatzrechts umgesetzt wird, nämlich dass ein Ersatz eines Schadens immer erst dann erfolgt, wenn eine tatsächliche Vermögensverschlechterung eingetreten ist, bedeutet im Werkrecht mit dem BGH erst mit Beseitigung des Mangels.

Im Übrigen stellt es auch keinen unzulässigen Komplettausschluss nach § 309 Nr. 8 b aa) dar. Damit ist eine Klausel zum Ausschluss des Selbstvornahmerechts in den AGB nicht automatisch als unzulässig anzusehen, zumal dem Auftraggeber sämtliche weitere Gewährleistungsrechte noch zustehen und insoweit auch kein Verstoß gegen das Klauselverbot i. S. d. § 309 Nr. 8 b bb) vorliegt, das den Ausschluss der Minderung und des Rücktritts zumindest gegenüber Verbrauchern grundsätzlich verbietet, soweit keine Bauleitung vorliegt. Für diesen Fall lässt das Klauselverbot einen Ausschluss des Rücktrittsrechts zu.

Inwieweit sich die hiesige Ansicht durchsetzt, wird sich zeigen, da der BGH zum Ausschluss des Selbstvornahmerechts noch nicht ausdrücklich entschieden hat. Es bleibt abzuwarten, zu welchem Ergebnis er kommen würde, sollte ihm der Fall zur Entscheidung in Zukunft vorliegen.

Abschließend lässt sich aber sagen, dass durchaus gute unternehmerische Gründe für einen Ausschluss des Selbstvornahmerechts sprechen und es zumindest einen Versuch wert sein könnte, es künftig in den AGB auszuschließen, um den Auftraggeber vor einer Selbstvornahme abzuhalten. Lässt der AG die Mängel gleichwohl im Wege der Selbstvornahme beseitigen, dann müsste im Streitfall ein Gericht entscheiden, ob der Ausschluss wirksam war oder nicht.

Chantal Hasselbach
Rechtsanwältin