Editorial

„Ist das strenge Gebot der losweisen Vergabe von Bauleistungen noch zeitgemäß …

… muss man sich angesichts des unzureichenden Fortschritts im Wohnungsbau fragen. Die in unserem Newsletter besprochene Entscheidung des OLG Rostock zur Unzulässigkeit einer Totalunternehmervergabe beim Bau serieller Feuerwehrgebäude ist zwar überzeugend begründet. Im Wohnungsbau geht es aber mit seriellen Bauweisen i. d. R. schneller, so dass man zumindest hier über eine Aufweichung der starren vergaberechtlichen Vorgaben nachdenken sollte.

Ansonsten besprechen wir für Sie wieder eine Reihe interessanter Entscheidungen zum Bauvertragsrecht. So kann der AN nach einem Urteil des OLG Dresden Schadensersatzansprüche gegen seinen AG wegen Bauzeitverlängerungen nur dann verlangen, wenn dieser echte Vertragspflichten (und keine Obliegenheiten) verletzt. Das gleiche Gericht gibt dem AG das Recht, im Rahmen einer Ersatzvornahme auch andere, bisher nicht geschuldete Leistungen für den AN kostenpflichtig durchzuführen, wenn diese zweckmäßiger sind, als die nach Vertrag geschuldeten Leistungen. Nach einem Urteil des OLG Oldenburg liegt eine unzulässige Übersicherung des AG vor, wenn sich dieser neben den üblichen Gewährleistungssicherheiten auch sämtliche Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche gegen die Nachunternehmer seines Auftragnehmers abtreten lässt. Auftraggebern ist zu raten, ihre Vertragsmuster entsprechend zu überarbeiten.

Auch vom Europäischen Gerichtshof gibt es Neuigkeiten. So hat dieser Ende letzten Jahres in einer Grundsatzentscheidung klargestellt, dass eine Kündigungsentschädigung mit Umsatzsteuer abzurechnen ist, und zwar auch in Bezug auf jene Leistungen, die aufgrund der Kündigung nicht mehr erbracht wurden, was dem bisherigen Verständnis der deutschen Finanzgerichte widerspricht, die darin keinen Leistungsaustausch sehen. Da der EuGH hier das letzte Wort hat, wird man die Entscheidung bei der künftigen Abrechnung von Kündigungsentschädigungen anwenden müssen, um Nachforderungen von Umsatzsteuer zu vermeiden. Beachtung verdient auch eine weitere Entscheidung des EuGH, wonach Betriebsvereinbarungen über die Erhebung personenbezogener Daten der Beschäftigten (z.B. beim Einsatz von Abrechnungssoftware) nur dann zulässig sind, wenn deren Regelungen den Grundsätzen der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) entsprechen, insbesondere den Zulässigkeitsvoraussetzungen aus Artikel 6. Unternehmen sollten dies jedenfalls beim Abschluss neuer Betriebsvereinbarungen beachten, um möglichen datenschutzrechtlichen Sanktionen zu entgehen. Von europarechtlicher Bedeutung ist schließlich auch die sog. DORA-Verordnung, die Finanzunternehmen sowie deren IKT-Dienstleistern besondere Sicherheitsmaßnahmen abverlangt; lesen Sie hierzu ein Update unserer Spezialistin RAin Hasselbach.

Schließlich dürfen wir Ihnen mitteilen, dass Herr RA Thorsten Krull zu uns gestoßen ist, der das Beratungsangebot der Kanzlei um das Öffentliche Baurecht erweitern wird. Er hat für diesen Newsletter einen kurzen Beitrag dazu verfasst, welche Modernisierungsmaßnahmen nach der Rechtsprechung der Berliner Verwaltungsgerichte in Milieuschutzgebieten künftig zulässig sind.

Abschließend verweisen wir auf unser umfangreiches Schulungsprogramm der nächsten Monate und verbleiben mit besten Grüßen.

Dr. Ulrich Dieckert
Rechtsanwalt