Es geht um einen Rechtsstreit aus Österreich. Eine Immobilienverwaltung hatte einem Bauunternehmer einen Auftrag erteilt und später gekündigt. Es ging ausschließlich um die Frage, ob die Kündigungsentschädigung mit Umsatzsteuer oder ohne Umsatzsteuer abzurechnen ist.
Der Europäische Gerichtshof entscheidet wie oben dargestellt dahingehend, dass auch die Kündigungsentschädigung mit Umsatzsteuer abzurechnen ist, weil es sich um einen einheitlichen Werklohnanspruch handeln würde (dem Unternehmer steht ähnlich wie in Deutschland die volle Vergütung abzüglich der aufgrund der Kündigung ersparten Aufwendungen sowie anderweitigem Erwerb aufgrund der Kündigung zu). Damit entscheidet der Europäische Gerichtshof anders als der Bundesfinanzhof.
Die Diskussion um die Umsatzsteuerpflicht der Kündigungsentschädigung ist nicht neu. Im Ausgangspunkt ist es in Deutschland so, dass die Vergütung nach einer (freien) Kündigung des Auftraggebers in zwei Teilen abzurechnen ist, nämlich einmal die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen (immer mit Umsatzsteuer) und in einem zweiten Teil der Rechnung die nicht mehr erbrachten Leistungen abzüglich erspartem Aufwand. Hier war lange Zeit einhellige Meinung, dass gemäß BFH-Urteil vom 27.08.1970 – V R 159/66 dieser Teil der Vergütung ohne Umsatzsteuer abzurechnen ist. Die herrschende Meinung ging immer davon aus, dass dies ohne Umsatzsteuer erfolgt, weil kein Leistungsaustausch vorliegt. Das Finanzgericht Niedersachsen hatte mit Urteil vom 28.02.2019 – 5 K 214/18 im Jahr 2020 davon abweichend entschieden, dass die Kündigungsentschädigung mit Umsatzsteuer abzurechnen wäre. Dieses Urteil hat der Bundesfinanzhof später aber aufgehoben (BFH Urteil vom 26.08.2021 – V R 13/19). Nunmehr hat einige Jahre später der Europäische Gerichtshof wieder anders herum entschieden.
Beide Standpunkte sind juristisch vertretbar. Am Ende werden sich auch die deutschen Gerichte und Finanzämter nun an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes orientieren.
Von besonderer Bedeutung ist dies für die Zukunft. Wegen in der Vergangenheit gestellten Rechnungen und abgeschlossenen Vergleichen dürften keine Rückforderungen des Finanzamtes drohen, weil im Umsatzsteuer-Anwendungserlass Ziffer 1.3 die bisherige Verfahrensweise festgeschrieben war. Aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung dürften hier keine Nachforderungen erhoben werden. Für die Zukunft ist die Entscheidung aber relevant, denn wenn eine umsatzsteuerpflichtige Leistung nicht mit Umsatzsteuer abgerechnet wird, und dies bei einer späteren Umsatzsteuerprüfung auffällt, ist häufig keine Nachforderung gegenüber dem Auftraggeber mehr möglich, wenn das Finanzamt die Nachzahlung von Umsatzsteuer fordert.
Hendrik Bach
Rechtsanwalt