AG erkennt Präqualifikation nicht an: Ist der Ausschluss des Bieters rechtmäßig?

Im Hinblick auf § 122 Abs. 3 GWB ist ein öffentlicher Auftraggeber grundsätzlich dazu verpflichtet, die durch eine Präqualifikation erbrachten Eignungsnachweise zu akzeptieren. Das Präqualifikationsverzeichnis des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen und das AVPQ IHK sind amtliche Präqualifikationssysteme im Sinne des § 122 Abs. 3 GWB sind.

VK Rheinland, Beschluss vom 02.04.2024 – Az. VK 2/24

Sachverhalt

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) schrieb Arbeiten zur Wartung und Instandsetzung als Bauauftrag europaweit im offenen Verfahren aus. Der Nachweis der Eignung konnte entweder durch einen Eintrag in der Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen (Präqualifikationsverzeichnis) oder durch eine Eigenerklärung gemäß Formblatt 124 des Vergabehandbuchs Bund erbracht werden. Bei einem Einsatz von Nachunternehmern mussten Bieter für diese ebenfalls entsprechende Eignungsnachweise vorlegen. Im Falle einer Präqualifikation der Nachunternehmer sollte die Angabe der Nummer, unter der dieses im Präqualifikationsverzeichnis des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen geführt wurde, ausreichen. Der Bieter B war selbst nicht präqualifiziert und reichte daher das Formblatt 124 als Eigenerklärung ein. Für seinen Nachunternehmer legte er jedoch nicht das vom Auftraggeber ausdrücklich verlangte Präqualifikationszertifikat aus dem Verzeichnis des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen vor, sondern eine Präqualifikation aus dem amtlichen Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen der Industrie- und Handelskammer (AVPQ IHK). Der Auftraggeber schloss daraufhin das Angebot von B aus. Der Eintrag im AVPQ IHK beziehe sich schließlich nur auf Liefer- und Dienstleistungen und nicht auf Bauleistungen. Das AVPQ sei insofern nicht als Nachweis der Eignung für Bauunternehmen anerkannt. Der Nachunternehmer erfülle daher nicht die Anforderungen der Ausschreibung und das Angebot des B müsse ausgeschlossen werden. Der B ist mit dem Ausschluss seines Angebots nicht einverstanden. Die Präqualifikation im AVPQ ist nach seiner Ansicht ebenso als amtliches Präqualifikationssystem anzusehen. Sie sei daher gleichwertig mit dem Eintrag im Präqualifikationsverzeichnis für Bauunternehmen. Zudem sei in der Ausschreibung nicht eindeutig festgelegt worden, dass nur das Bauverzeichnis als Nachweis anerkannt werde. Vor diesem Hintergrund legte der B Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Rheinland ein.

Gründe

Die Vergabekammer Rheinland entschied, dass der Ausschluss des Angebots von B nicht rechtmäßig war, da die Präqualifikation im AVPQ als gleichwertig mit der Präqualifikation im Bauverzeichnis anzusehen sei. Nach § 122 Abs. 3 GWB könne der Nachweis der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen durch die Teilnahme an Präqualifizierungssystemen erbracht werden. Ein öffentlicher Auftraggeber sei grundsätzlich dazu verpflichtet, die durch eine Präqualifikation erbrachten Eignungsnachweise zu akzeptieren. Diese dürfe er nur in begründeten Fällen anzweifeln. Die Vergabekammer stellte dazu fest, dass sowohl das Präqualifikationsverzeichnis des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen als auch das AVPQ IHK amtliche Präqualifikationssysteme im Sinne des § 122 Abs. 3 GWB sind. Die Eintragung im AVPQ könne daher nicht ohne weiteres als ungeeignet abgelehnt werden. Des Weiteren wies die VK darauf hin, dass der ausgeschriebene Auftrag nicht nur Bauleistungen, sondern auch einen erheblichen Anteil an Dienstleistungen umfasste. Für diese Dienstleistungen sei eine Präqualifikation im AVPQ zulässig. Insoweit komme es auf den konkreten Auftrag an und nicht auf eine pauschale Einstufung eines Präqualifikationssystems. Dabei gelten die Eignungsanforderungen an Nachunternehmer nur für den Teil der Leistung, den sie tatsächlich ausführen. Der AG dürfe also nicht automatisch verlangen, dass ein Nachunternehmer sämtliche Anforderungen erfüllt, die für den Hauptauftragnehmer gelten. Insgesamt stellte die VK fest, dass der AG keine sachlichen Gründe für die Ablehnung der Präqualifikation im AVPQ IHK vorlegen konnte. Somit erklärte sie den Ausschluss des Angebots von B für rechtswidrig.

Hinweis für die Praxis

Die Vergabekammer Rheinland hat mit dieser Entscheidung klargestellt, dass öffentliche Auftraggeber die durch eine Präqualifikation erbrachten Eignungsnachweise grundsätzlich akzeptieren müssen. Eine Ablehnung ist in diesem Zusammenhang nur möglich, wenn sachliche oder nachvollziehbare Gründe vorliegen. Zwar kann eine Ablehnung sachlich gerechtfertigt sein, wenn sich der konkrete Nachweis nicht für das konkrete Vorhaben eignet (Dienstleistung vs. Bauauftrag). Entscheidend ist dabei stets die konkrete Tätigkeit. Auftraggeber sollten bei der Festlegung der Eignungsanforderungen genau definieren, welche Präqualifikationssysteme sie anerkennen. Sollte ein bestimmtes Verzeichnis nicht ausreichend sein, müsste dies bereits in den Vergabeunterlagen eindeutig festgelegt und sachlich begründet werden. Bietern gibt diese Entscheidung Rückendeckung: Werden sie in Zusammenhang mit der Eintragung in einem nicht anerkannten Präqualifikationssystem von einem Vergabeverfahren ausgeschlossen, könnte der Ausschluss unwirksam sein. Hier sollten Bieter genau prüfen, ob die fehlende Anerkennung des Präqualifikationssystems ausreichend sachlich gerechtfertigt werden kann. Ist das nicht der Fall, liegt wahrscheinlich ein Vergabefehler vor.