Commercial Courts gestartet – neue Perspektiven in Berlin für Bauprozesse

Seit April 2025 werden in Deutschland sog. Commercial Courts an den Oberlandesgerichten eingeführt, bislang in Berlin, Stuttgart, Hamburg, Düsseldorf, Bremen und Frankfurt. Weitere Standorte in Bayern, Niedersachsen und Sachsen sollen folgen.

Es handelt sich dabei um Zivilsenate, die insbesondere komplexe wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten schneller und effizienter durchführen sollen, auch zu internationalen Sachverhalten. Die Verfahren können – auf Wunsch der Parteien – vollständig in englischer Sprache geführt werden. Besetzt werden die Senate von spezialisierten Richterinnen und Richtern. Am Kammergericht in Berlin ist die Zuständigkeit sachlich beschränkt auf bau- und architektenrechtliche Streitigkeiten. Aus diesem Grund wird der Berliner Commercial Court von Björn Retzlaff geleitet, einem im Bau- und Architektenrecht seit 20 Jahren tätigen Richter, der zugleich Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs Berlin ist.

Verfahren vor den Commercial Courts können ab einem Streitwert von 500.000,00 EUR direkt als erste Instanz eingeleitet werden. Die Zuständigkeit des Gerichts hängt dabei nicht von dem Sitz der Parteien oder der Lage des Bauvorhabens ab. Voraussetzung ist eine entsprechende Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien, die bestenfalls schon vor der Klageeinreichung getroffen wird. Denkbar ist aber auch eine spätere, mit Zustimmung der Parteien erfolgende Verweisung an den Commercial Court, bspw. infolge eines Antrages in der Klageerwiderung. Die Möglichkeit, Revision zum BGH einzulegen, ist gesetzlich vorgesehen und muss daher nicht erst zugelassen werden.

Ziel ist es, den Parteien eine Alternative zu den klassischen Gerichtsprozessen, aber auch zu Schieds- und Mediationsverfahren zu bieten, die durch Spezialisierung der Richter/Richterinnen und effiziente Verfahrensschritte zu schnelleren Ergebnissen führen soll – bei gleichzeitiger Rechtssicherheit eines öffentlichen Gerichtsverfahrens. Zu diesem Zweck wurde in die Zivilprozessordnung (ZPO) eingeführt, dass so früh wie möglich ein Organisationstermin anzuberaumen ist, in dem der Ablauf des Verfahrens durch das Gericht in Abstimmung mit den Parteien strukturiert festgelegt werden soll (§ 612 ZPO).

Noch gibt es naturgemäß keine belastbaren Erfahrungen mit der tatsächlichen Effizienz und Schnelligkeit dieser Verfahren. Bauträger und -unternehmen sollten dennoch bei großvolumigen Vorhaben künftig bereits bei der Vertragsgestaltung oder sich anbahnenden Streitigkeiten daran denken, ob ein Verfahren vor einem Commercial Court in Betracht kommt und rechtzeitig entsprechende Gerichtsstandvereinbarungen schließen.