Sanierungsausgleichsabgabe: Noch immer keine Rechtssicherheit in Sicht

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verweist Musterverfahren an das OVG-Berlin-Brandenburg zurück.

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 25.03.3035 in einer seit langem erwarteten Entscheidung ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg aufgehoben und den Fall zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Im Zentrum des Verfahrens steht die Frage, ob der sogenannte Sanierungsausgleichsbetrag nach § 154 BauGB für ein Grundstück im ehemaligen Sanierungsgebiet Prenzlauer Berg-Winsstraße rechtmäßig erhoben wurde. Der Fall galt als Musterverfahren für eine Vielzahl weiterer, noch immer seit vielen Jahren beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg auch zu weiteren Sanierungsgebieten anhängiger Klagen, die im Hinblick auf eine klarstellende Entscheidung des BVerwG ausgesetzt worden sind.

Hintergrund der Entscheidung

Die Klägerin, Eigentümerin eines rund 341 m² großen Grundstücks in Berlin-Pankow, auf dem ein fünfgeschossiges Wohngebäude steht, wurde von dem zuständigen Bezirksamt zur Zahlung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags in Höhe von 26.257,00 EUR herangezogen. Grundlage dafür war eine behauptete Bodenwertsteigerung von 77 €/m², die angeblich ursächlich ausschließlich auf die vom Bezirk veranlassten Sanierungsmaßnahmen zurückzuführen seien. Widerspruch und Klage des Eigentümers hiergegen blieben erfolglos. Der für Pankow zuständige 10. Senat des OVG bestätigte seiner bisherigen Rechtsprechung folgend die Rechtmäßigkeit der Heranziehung und sah insbesondere keine Fehler in der Wertermittlung des Bezirksamtes. Damit wich der 10. Senat des OVG von der Rechtsprechung des 2. Senates ab, der für andere Berliner Bezirke zuständig ist und die dort angewandte Berliner Wertermittlungspraxis für überwiegend unzulässig erachtet. Von der Entscheidung des BVerwG wurde nun Klarheit in dem Meinungsstreit der beiden Senate erwartet.

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Das BVerwG hat das Urteil des 10. Senates des OVG korrigiert und folgt damit überwiegend der Ansicht des 2. Senates. Zwar bestätigte es die grundsätzliche Vereinbarkeit der Berliner Sanierungsverordnungen mit dem Baugesetzbuch (§ 246 Abs. 2 BauGB) und dem Grundgesetz (Art. 28 GG) als Ermächtigungsgrundlagen, monierte aber mehrere rechtliche und methodische Mängel in der Entscheidung der Vorinstanz:

Das OVG habe versäumt zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Sanierung im Sinne der städtebaulichen Zielsetzung tatsächlich vorlagen sowie, ob die Sanierung vollständig durchgeführt ist – und zwar mit Blick auf das bei Aufhebung der Sanierungssatzung maßgebliche Sanierungskonzept. Die Annahme des OVG, es gäbe eine tatsächliche Vermutung, dass die Bodenwertsteigerung auf der Sanierung beruhe, sei unzulässig. Es sei stattdessen eine differenzierte Prüfung erforderlich, um auszuschließen, dass auch nicht sanierungsbedingte Wertsteigerungen abgeschöpft werden. Die eingesetzte Methode zur Bestimmung des Lagewerts sei schließlich nicht ausreichend auf ihre Aktualität überprüft worden.

Hinweise für die Praxis:

Das BVerwG hat damit vorerst den Streit zwischen den beiden Senaten des OVG Berlin-Brandenburg entschieden und ist den wesentlichsten Argumenten des 2. Senates gefolgt. Damit wären eine Vielzahl noch nicht bestandskräftiger Bescheide rechtswidrig. Die Sanierungsausgleichsabgabe müsste neu ermittelt und zu viel erhobene Beträge an die betroffenen Eigentümer zurückgezahlt werden. Dennoch bleibt abzuwarten, wie der 10. Senat des OVG Berlin-Brandenburg nun mit der Entscheidung des BVerwG umgeht. Denkbar ist, dass das OVG eine eigene Berechnung der Bodenwertsteigerung durchführt oder auch die Bezirksämter ihre Wertermittlungsmethode ändern und den Eigentümern Vergleiche anbieten. Noch ist daher keine einheitliche Leitlinie in der Berliner Rechtsprechung zu erwarten. Betroffenen Eigentümern ist nach wie vor zu empfehlen, laufende Gerichtsverfahren fortzusetzen bzw. neue Bescheide durch Einlegung von Rechtmitteln nicht bestandskräftig werden zu lassen.