Gesetzesänderung zu Photovoltaik-Anlagen: Die wichtigsten Grundlagen im Überblick!

Der Gesetzgeber hat mit dem Jahressteuergesetz 2022 steuerliche Anreize für die Anschaffung und den Betrieb von Photovoltaikanlagen (PV) geschaffen. Nach der Neuregelung des § 3 Nr. 72 EStG sind die Einkünfte aus dem Betrieb bestimmter Photovoltaikanlagen rückwirkend seit dem 01.01.2022 steuerfrei. Umsatzsteuerlich unterliegen die Lieferung, die Einfuhr, der innergemeinschaftliche Erwerb und die Installation begünstigter PV einem Nullsteuersatz, sodass der Erwerber bei der Anschaffung nicht mehr mit der Umsatzsteuer belastet ist. Dadurch entfällt die Gewinnermittlung begünstigter PV, nicht jedoch die Registrierung als Unternehmer, sofern der Betreiber einer Anlage Strom ins öffentliche Netz einspeist und dafür Entgelt vom Versorger erhält.

Welche Anlagen unterliegen der Ertragssteuerbefreiung?

Dazu gehören:

  • PV in der Nähe von Einfamilienhäusern oder nicht zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden mit einer maximalen Leistung von bis zu 30 kW (peak)
  • PV auf sonstigen Gebäuden mit einer Leistung von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit

Dabei dürfen die gesamten Anlagen pro Betreiber 100 kW (peak) nicht überschreiten. Wie zu verfahren ist, wenn Anlagen über 100 kW (peak) Leistung in Betrieb genommen wurde, ist nicht abschließend geklärt. Jedoch ist dem Wortlaut nach tendenziell die 100 kW als Freigrenze auszulegen, sodass ab 100,1 kW von keiner Steuerbefreiung mehr auszugehen ist und die gesamten Einnahmen der Besteuerung unterliegen würden.

Einspeisung führt immer zur Unternehmereigenschaft

Auch wenn die Anlage zum Nullsteuersatz erworben wurde, führt die Einspeisung des Stroms in das öffentliche Netz zu Leistungen gegen Entgelt zum Regelsteuersatz. Der Anlagenbetreiber muss sich folglich auch weiterhin umsatzsteuerlich registrieren. Keine Unternehmereigenschaft liegt nur bei einem 100 % Eigenverbrauch bzw. keiner Einspeisung vor. Es gibt allerdings keinen Grund mehr, bei der Neuanschaffung nicht die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen, da bei der Anschaffung kein Vorsteuerabzug mehr geltend gemacht werden kann. Bei Altanlagen, die der Regelbesteuerung unterliegen, sollte außerdem geprüft werden, ob ein Wechsel zur Kleinunternehmerregelung möglich und sinnvoll ist. Dabei ist auch zu bedenken, dass 5 bzw. 10 Jahre nach Erwerb eine anteilige Rückführung der gezogenen Vorsteuer die Folge wäre.

Entnahme der Anlage aus dem Unternehmensvermögen

Bei der Veräußerung oder Entnahme einer steuerbefreiten Photovoltaikanlage ist aktuell von einer Steuerbefreiung auszugehen. Denn die Entnahme ist gemäß § 3 Abs. 1b UStG einer Lieferung gleichgestellt, sodass § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG auch auf die Entnahme anzuwenden ist. Entnimmt man die Anlage in das Privatvermögen, entfällt die Besteuerung einer Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG für den privat verbrauchten Strom. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) sieht die Voraussetzungen einer Entnahme als gegeben an, wenn zukünftig voraussichtlich mehr als 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke (privat) verwendet werden. Aus Vereinfachungsgründen sieht das BMF diese Voraussetzung allerdings als erfüllt an, wenn ein Teil des mit der PV erzeugten Stroms z. B. in einer Batterie gespeichert wird. Diese Regelung hat erhebliche steuerrechtliche Konsequenzen. Betreiber einer PV im Unternehmensvermögen mit Batteriespeicher sollten daher prüfen, ob nicht von der Entnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht werden sollte, um ab 2023 für den privat verbrauchten Strom keine Wertabgabe und somit Umsatzsteuer entrichten zu müssen. Die Besteuerung der Einspeisung bleibt aber, wie oben schon besprochen, leider davon unberührt, sofern man von der Kleinunternehmerregelung keinen Gebrauch machen kann. Die Anschaffung eines Speichers für Altanlagen könnte durch die Entnahmemöglichkeit ggf. aber nun attraktiv sein.

Steuerliche Behandlung des Stroms der PV im Unternehmen

Der im Unternehmen verbrauchte Strom der Anlage steht im Zusammenhang mit nicht steuerfreien Einkünften, sodass die im Zusammenhang stehenden Aufwendungen als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Dagegen gilt für den eingespeisten Strom die neue Steuerbefreiung, was ein Abzugsverbot der Kosten nach § 3c Abs. 1 EstG nach sich zieht. Wird also Strom sowohl vom Unternehmen selbst verbraucht als auch eingespeist, ist nach aktueller Rechtslage eine Aufteilung der Kosten vorzunehmen.

Kein Investitionsabzugsbetrag (IAB) ab 01.01.2022 für steuerbefreite PV

Für die geplante Anschaffung einer PV-Anlage innerhalb eines bereits bestehenden Unternehmens kann noch für das Jahr 2021 steuerwirksam ein IAB gebildet werden. Für die Auflösung bereits bestehender Investitionsabzugsbeträge für PV gibt es noch keine Rechtsprechung oder Äußerungen des BMF. Eine gewinnerhöhende Auflösung des IAB im Jahr der Anschaffung der PV ist am wahrscheinlichsten.

Welche Anlagen und Leistungen unterliegen dem Nullsteuersatz gem. § 12 Abs. 3 UStG?

Dazu gehören die Lieferung von Solarmodulen an den Betreiber einer PV, einschließlich der für den Betrieb wesentlichen Komponenten und Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern. Die Anlage muss auf oder in der Nähe von Wohnungen, Privatwohnungen oder für dem Gemeinwohl dienende Zwecke genutzte Gebäude installiert sein und darf nicht mehr als 30 kW (peak) laut Marktstammdatenregister betragen. Dabei muss das Solarmodul stationär angeschlossen sein (keine mobile Solarzelle). Dies wird regelmäßig bei einer Leistung von mehr als 300 Watt unterstellt. Bei unter 300 Watt Leistung muss die stationäre Nutzung nachgewiesen werden, um in den Genuss des Nullsteuersatzes zu kommen. Als wesentliche Komponenten und Nebenleistungen einer PV gelten alle Gegenstände, deren Verwendungszweck speziell im Betrieb oder der Installation einer PV liegt oder die zur Erfüllung technischer Normen notwendig sind, insbesondere Wechselrichter, Dachhalterungen, Energiemanagement-Systeme, Solarkabel, Einspeisezähler, Generatoranschlusskasten, Einspeisesteckdosen, Funk-Rundsteuerungsempfänger sowie Backup-Boxen und weitere der Notstromversorgung dienende Einrichtungen, Speicher und Batterien, wenn sie für die Speicherung des Solarstroms genutzt werden.

Da die Thematik brandaktuell ist und viele Rechtsfragen noch offen sind, wird sich die Rechtslage im Verlaufe der nächsten Zeit möglicherweise noch ändern. Wir halten Sie auf dem Laufenden. Bei Fragen zur steuerrechtlichen Beurteilung von Einzelfällen stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite.

Felix Kern