Präqualifiziert heißt noch lange nicht geeignet!

Auch bei einem präqualifizierten Bieter muss der öffentliche Auftraggeber prüfen, ob die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise die im konkreten Verfahren geforderten Eignungsangaben und Nachweise abdecken. Das gilt insbesondere für Referenzen, da die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise nicht immer mit den verlangten Referenzen vergleichbar sind.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2022 (Verg 19/22)

08.06.2022 — In einem Vergabeverfahren über die Erneuerung von Fahrzeugrückhaltesystemen wurde die Vorlage geeigneter Referenzen über die Ausführung von Bauleistungen in den letzten fünf Kalenderjahren, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind, gefordert. Ziffer 1 des Formblatts „Eigenerklärung Eignung“ enthielt den Hinweis: „Angaben sind immer vorzunehmen, soweit das Unternehmen nicht PQ-qualifiziert ist“. Ein Bieter machte in Bezug auf die geforderten Referenzen in seinem Angebot keine gesonderten Angaben, sondern verwies auf die Angaben im Präqualifikationsverzeichnis, in dem das Unternehmen gelistet ist. Nach Prüfung der Angebote teilte die Vergabestelle dem Bieter mit, dass sein Angebot nicht zuschlagsfähig sei, da keine drei vergleichbaren Referenzen vorlägen. Von den im PQ-Verzeichnis hinterlegten Referenzen seien nur zwei einigermaßen vergleichbar. Eine weitere Referenz betreffe zwar die Erneuerung der Schutzeinrichtung einer Anschlussstelle, umfasse hinsichtlich des Leistungsumfanges aber weniger als 10 % der zu vergebenden Leistung. Der Bieter sei deshalb nicht hinreichend geeignet. Es sei beabsichtigt, einem anderen Bieter, dessen Preis geringfügig höher war, den Zuschlag zu erteilen. Hiergegen richtete sich zunächst die Rüge und sodann der Nachprüfungsantrag des nicht berücksichtigten Bieters. Darin behauptet er, hinreichend geeignet zu sein. Denn er sei präqualifiziert und für diesen Fall seien gesonderten Angaben über Referenzen nicht gefordert gewesen.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Düsseldorf bestätigt die Entscheidung der Vergabestelle. Das Angebot des antragstellenden Bieters sei zurecht nicht berücksichtigt worden, weil von den drei geforderten Referenzen eine inhaltlich nicht den Anforderungen entspricht. Nach Auffassung des Gerichtes hat der Bieter die Reichweite des Eignungsnachweises durch Eintragung in das Präqualifikationsverzeichnis verkannt. Denn die Teilnahme am Präqualifikationssystem soll den Bieter lediglich von der Beibringung von Eignungsnachweisen entlasten. Diese Erleichterung ändere aber nichts daran, dass die Erfüllung der Eignungskriterien grundsätzlich vom Bieter nachzuweisen ist. Auch bei einem präqualifizierten Bieter hat der öffentliche Auftraggeber daher zu prüfen, ob die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise die im konkreten Verfahren geforderten Eignungsangaben und Nachweise abdecken. Fordert der öffentliche Auftraggeber – wie vorliegend – die Angabe dreier mit der zu vergebenden Leistung vergleichbarer Referenzen, kann nur ein solcher Bieter die verlangten Angaben allein mit Verweis auf seine Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis leisten, für den dort drei Nachweise über mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbaren Leistungen hinterlegt sind. Der Hinweis in den Vergabeunterlagen, dass Angaben immer nur dann vorzunehmen sind, soweit das Unternehmen nicht PQ-qualifiziert ist, ändert hieran nichts. Denn allen teilnehmenden Bietern muss klar sein, dass die Eignung nur dann nachgewiesen ist, wenn die entweder direkt beigebrachten Nachweise oder solche, die im Verzeichnis hinterlegt sind, den Anforderungen der konkreten Ausschreibung entsprechen. Das war vorliegend nicht der Fall, sodass das Angebot nicht berücksichtigt werden konnte.

Praxishinweis

Bieter sollten aus dieser Entscheidung die Lehre ziehen, dass mit den von ihnen vorgenommenen Eintragungen in das Präqualifikationsverzeichnis noch lange nicht die Eignung im jeweiligen Vergabeverfahren nachgewiesen ist. Vielmehr sollte jedes Mal geprüft werden, ob die Eintragungen im Verzeichnis den Anforderungen aus der konkreten Ausschreibung entsprechen. Sollte dies nicht der Fall sein, sind weitere Angaben über die Eignung gesondert zu machen, um die Chancen im Vergabeverfahren zu wahren.

Dr. Ulrich Dieckert
Rechtsanwalt