Nachtragsangebot umfasst auch bauzeitbedingte Mehrkosten, wenn kein Vorbehalt gemacht wird!

Ein Auftragnehmer, der dem Auftraggeber ein Nachtragsangebot unterbreitet, macht damit ein abschließendes Angebot, das auch bauzeitbedingt entstandenen Mehrbedarf umfasst.

(OLG Frankfurt, Urteil vom 19.12.2019 – 5 U 171/18)

19.12.2019 — Ein Auftragnehmer wird mit Rohbauarbeiten beauftragt. Während der Bauzeit kommt es zu einer Reihe von Leistungsänderungen, für die der Auftragnehmer Nachträge stellt. Die Vertragsparteien schließen mehrere Nachtragsvereinbarungen. Der Auftraggeber hat in dem Formular der Nachtragsvereinbarung jeweils angekreuzt, dass sich die Bauzeit nicht verlängert.

Mit der Schlussrechnung will der Auftragnehmer die um 8 Monate verlängerte Vorhaltung der Baustelleneinrichtung abrechnen und beruft sich auf das Leistungsverzeichnis. Dort gibt es eine Hauptposition „Baustelleneinrichtung vorhalten“ und daran anschließend die Position 1.4.1 mit der Überschrift “Unvorhergesehene Baustelleneinrichtung” mit dem Text “Baustelleneinrichtung AN zusätzlich vorhalten”.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Frankfurt hat die Klage insoweit abgewiesen. Die Entscheidung wurde nun veröffentlicht, nachdem der Bundesgerichtshof die Nichtzulassungsbeschwerde des AN zurückgewiesen hat.

Auch wenn im Leistungsverzeichnis eine Position für die verlängerte Vorhaltung der Baustelleneinrichtung enthalten sei, müsse ein Auftragnehmer in seinen Nachtragsangeboten deutlich machen, dass er sich die Geltendmachung zusätzlicher Baustellengemeinkosten vorbehalte. Andernfalls könne der Auftraggeber davon ausgehen, dass das Nachtragsangebot alle Kosten der Leistungsänderung enthält und abschließend sei.

Praxishinweis

Die Entscheidung des Gerichtes entspricht ständiger Rechtsprechung, zeigt aber auch auf, dass vielen Auftragnehmern diese Rechtsprechung, die man mit dem Satz „Kein Nachtrag zum Nachtrag“ zusammenfassen kann, scheinbar nicht bekannt ist.

Dem Ganzen liegt ein Zielkonflikt sowohl auf Seiten der Auftragnehmer als auch der Auftraggeber zugrunde. Der Auftragnehmer möchte einerseits eine Vergütung für die Leistungsänderung möglichst zeitnah vereinbaren. Andererseits sind Folgekosten, etwa durch Bauzeitverlängerung oder auch unerwartete Erschwernisse bei der Ausführung der geänderten Leistung oft noch nicht absehbar. Der Auftragnehmer würde an dieser Stelle gerne einen Vorbehalt machen, der Auftraggeber hingegen möchte abschließende Kostensicherheit. Häufig machen Auftraggeber deshalb den Abschluss von Nachtragsverhandlungen davon abhängig, dass der Auftragnehmer zusagt, dass sich die Bauzeit nicht verlängern wird und sämtliche etwaigen Kosten der Leistungsänderung abgegolten sein sollen. Der Auftragnehmer hat dann nur die Wahl, zu unterschreiben oder eben keine Nachtragsvereinbarung zu bekommen. Dies wiederum kann aber auch für den Auftraggeber nachteilig sein, wenn der Auftragnehmer nach der Ausführung der geänderten Leistung deutlich höhere Kosten geltend macht.

Ein Kompromiss könnte darin bestehen, dass mit der Nachtragsvereinbarung alle zu diesem Zeitpunkt absehbaren Mehr- und Minderkosten der Leistungsänderung abgegolten sind. Dazu würden dann auch absehbare Kosten von Bauzeitverlängerungen gehören, wohingegen zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbare Mehrkosten auch nicht abgegolten wären.

Hendrik Bach
Rechtsanwalt