Vorsicht bei Vergleichen über Mangelbeseitigungskosten

Schließen die Bauvertragsparteien einen Vergleich dahingehend, dass die in einem Sachverständigengutachten festgestellten Mängel fachgerecht beseitigt werden, inklusive der dafür erforderlichen Nebenarbeiten, führen selbst erhebliche Kostensteigerungen nicht zur einer Störung der Geschäftsgrundlage für den Vergleich, wenn die prognostizierten Kosten nicht Grundlage des Vergleichs geworden sind.

(OLG München, Beschluss vom 13.12.2021 – 28 U 1128/21 Bau)

13.12.2021 — Ein Auftraggeber und ein Auftragnehmer schließen einen Vergleich mit dem Inhalt, dass sich der Auftragnehmer verpflichtet, die Kosten für die Beseitigung der in zwei Gutachten aufgelisteten Mängel zu übernehmen. Nach der vergleichsweisen Regelung in Ziffer 2 Sätzen 7, 10 und 11 oblag dem Sachverständigen als Schiedsgutachter die Beurteilung und letzte Entscheidung über die durchzuführenden Mängelbeseitigungsarbeiten und die zu beauftragenden Firmen, sofern sich die Parteien hierüber nicht einigten.

Auf der Basis des Vergleiches leistete der Auftragnehmer einen Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung in Höhe der voraussichtlichen Kosten (im Urteil nicht mitgeteilt). Der Schiedsgutachter hatte einige Monate später mitgeteilt, dass zur Fortführung der Sanierung der Dachgeschosswohnungen auf der Grundlage des Vergleichs ein weiterer Vorschuss in Höhe von 225.000,00 Euro erforderlich sei.

Der Auftraggeber klagt diesen Betrag ein. Der Auftragnehmer hält den Gutachter für befangen, bringt aber vor Gericht keine durchschlagenden fachlichen Argumente vor, warum der weitere Kostenvorschuss nicht erforderlich sei. Sein Hauptargument besteht darin, dass durch den weiteren Kostenvorschuss die ursprünglich veranschlagten Kosten um ein Mehrfaches überschritten würden.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht erklärt, an keiner Stelle des Vergleichs sei davon die Rede, dass die Kostenschätzungen in den beiden Gutachten die Grenze dessen markieren sollten, was der Auftragnehmer aufgrund des Vergleichs zu zahlen hat. Im Gegenteil sei bereits in Ziffer 7 des Vergleichs eine mögliche Nachschusspflicht angelegt. Eine etwaige Nachschusspflicht des Auftragnehmers wurde im Vergleich nicht der Höhe nach gedeckelt.

Die möglicherweise bei Vergleichsabschluss bestehende einseitige Erwartung des Auftragnehmers, dass sich die Kostenschätzung in den beiden Gutachten nach Durchführung der Sanierung als zutreffend erweisen würde, mag der Grund dafür gewesen sein, dass der Auftragnehmer den Vergleich abgeschlossen hat. Dies sei jedoch nicht Geschäftsgrundlage des Vergleichs geworden. Daran ändere auch nichts, dass die beiden Gutachten als Anlage zum Vergleich genommen wurden. Die Kostenzusammenstellungen in den beiden Gutachten sollten nur “einer ersten Orientierung” dienen.

Praxishinweis

Schiedsgutachtervereinbarungen sind extrem gefährlich. Die meisten Gutachter fragen nicht nach dem Sinn und Zweck von Regelungen in DIN-Normen und anderen Vorschriften, sondern verlangen, dass alles buchstabengetreu umgesetzt wird. Das führt häufig zu (unnötig) hohen Kosten.

Wenn der Auftragnehmer schon die Mangelbeseitigung aus der Hand gibt und dem Auftraggeber überlässt, muss exakt festgelegt werden, welche Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Für den Auftragnehmer wäre es wesentlich sinnvoller gewesen, keinen Vorschuss zu zahlen, sondern einen Betrag zur endgültigen Abgeltung sämtlicher im Gutachten aufgeführter Mängel, auch wenn dieser Betrag vielleicht 30 % höher gewesen wäre als die Kostenschätzung des Gutachters.

Hendrik Bach
Rechtsanwalt