Nachricht: DAV für Änderung des Bauvertragsrechts

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) plädiert dafür, die Vorschriften der §§ 650b und 650c BGB im Rahmen der Evaluation des zum 1. Januar 2018 in Kraft getretenen neuen Bauvertragsrechts neu zu fassen, da diese Vorschriften die gesetzgeberischen Zielstellungen angeblich verfehlen, erhebliches Interpretations- und Streitpotential bieten würden und sich in der Praxis nicht bewährt hätten.

Die Vorschläge gehen im Wesentlichen dahin, die 30-Tage-Wartezeit zwischen dem Änderungswunsch des Auftraggebers und dem Recht, eine Leistungsänderung anzuordnen, abzuändern und durch „angemessene Fristen“ zu ersetzen. Außerdem soll das gesetzliche Leitbild einer Vergütung von Leistungsänderungen nach tatsächlich erforderlichen Kosten plus angemessenen Zuschlägen für AGK und Wagnis und Gewinn nur noch gelten, „soweit die Parteien keine andere Vereinbarung getroffen haben“, wodurch im Ergebnis die Vereinbarung einer sogenannten kalkulatorischen Preisfortschreibung keine Abweichung vom Gesetz mehr wäre und demzufolge auch nicht mehr gerichtlich überprüfbar wäre, ob hierdurch eine unangemessene Benachteiligung einer Vertragspartei eintritt.

Unser Kommentar

Die Behauptung, die neuen Vorschriften hätten sich in der Praxis nicht bewährt, sondern zu zahlreichen Rechtsunsicherheiten geführt, ist nicht evidenzbasiert.

Nach unserer Beobachtung ist lediglich die 30-Tage-Regel misslungen. Nach VOB/B gibt es seit Jahrzehnten ein sofortiges Anordnungsrecht und das hat bisher noch niemanden gestört. Es bestand demzufolge kein Anlass, hier eine abweichende Regelung vorzusehen. Dass dies tatsächlich nicht erforderlich ist, wird auch daran deutlich, dass nur ein verschwindend kleiner Teil von Auftragnehmern sich hierauf in der Praxis beruft. Die Regel sollte daher ersatzlos abgeschafft und ein nicht an besondere Voraussetzungen gebundenes sofortiges Anordnungsrecht vorgesehen werden.

Dies gilt auch deshalb, weil der vom Gesetzgeber imaginierte Regelablauf (Änderungswunsch des Auftraggebers, anschließend Nachtragsangebot, anschließend Anordnung) in der Praxis so nicht funktioniert. In einer Vielzahl von Fällen ist es so, dass das Änderungsbegehren vom Auftragnehmer ausgeht, der dem Auftraggeber mitteilt, dass die Leistung so wie beauftragt nicht ausgeführt werden kann, weil notwendige Leistungen im verpreisten Leistungsumfang fehlen oder die Ausführung beauftragter Leistungen zu Mängeln führen würde. Häufig wird daraufhin eine Leistungsänderung vom Auftraggeber angeordnet. Wenn der Auftraggeber selbst die Kosten abschätzen kann, kann er auch sofort eine Anordnung treffen. Andernfalls bittet er den Auftragnehmer vorher um ein Nachtragsangebot.

Ebenfalls abzulehnen ist der Vorschlag, vom gesetzlichen Leitbild einer Vergütung nach tatsächlich erforderlichen Kosten plus angemessenen Zuschlägen abzurücken. Die Umsetzung dieses Vorschlages wäre ein grober Fehler. Kalkulatorische Preisfortschreibung hat in der Praxis noch nie so funktioniert wie erhoff, und wird auch nie so funktionieren. Es ist wirtschaftlich nicht ernsthaft zu erwarten, dass jemand, der für besonders günstige Preise angeboten hat, nun auch jegliche Leistungsänderungen zu besonders günstigen Preisen ausführen müsse oder auch nur könne. Solche unrealistischen Vorstellungen hegen eigentlich nur öffentliche Auftraggeber, die dann auf spekulationsfreudige Auftragnehmer treffen. Für die weitaus überwiegende Anzahl der Baubeteiligten einschließlich der privaten Bauherren ist das aktuell geltende gesetzliche Leitbild sinnvoll und richtig.

Hendrik Bach
Rechtsanwalt