Preisanpassungsklauseln / Stoffpreisgleitklauseln:
Wie können die aufgrund des Krieges in der Ukraine gestiegenen Baustoffpreise an die Auftraggeber weitergegeben werden?

Die Auswirkungen des Krieges, den Russland gegen die Ukraine führt, schlagen sich immer deutlicher in den steigenden Rohstoffpreisen der Baubranche nieder. Besonders betroffen sind Rohstoffe wie Bitumen und Stahl. Aber auch Roheisen, Nickel und Titan, die zu einem wesentlichen Anteil aus Russland, der Ukraine und Weißrussland bezogen werden, erfahren zurzeit immense Preissteigerungen – ein Ende ist erst einmal nicht absehbar.

Vielen Bauunternehmern, aber auch Unternehmern aus anderen Branchen, die von den vorgenannten Rohstoffen zur Erbringung ihrer Leistungen abhängig sind, drohen hohe finanzielle Mehrbelastungen; die Frage nach einer Kompensation steht deutlich im Raum.

Und genau an dieser Stelle kommen Preisanpassungsklauseln ins Spiel. Hierbei handelt es sich um Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Unternehmer (Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen) ermöglichen, die durch Preissteigerungen entstehenden Mehrkosten an den privaten Auftraggeber weiterzureichen. Für die Wirksamkeit solcher Klauseln sind besondere Anforderungen einzuhalten, die der Bundesgerichtshof insbesondere in seinen Urteilen zu Gaslieferungsverträgen aufgestellt hat, die aber allgemeine Anwendung finden. Das Landgericht Berlin hat in seinem „Netflix-Urteil“ die Aktualität dieser vom Bundesgerichtshof aufgestellten Kriterien bestätigt.

Vorrangig zu beachten ist bei der Ausgestaltung von Preisanpassungsklauseln, dass nicht nur Kostensteigerungen weitergegeben werden, sondern im gleichen Maße auch Kostensenkungen, um den Klauselgegner nicht unangemessen zu benachteiligen. Hinzu kommt, dass die Kostenfaktoren objektiv überprüfbar sein müssen, weshalb ein Abstellen auf Kostenfaktoren aus dem internen Betriebsablauf, wie Lohnkosten (falls nicht tarifvertraglich geregelt), Betriebshaltungskosten, Transport- und Lagerkosten keine geeigneten Referenzkriterien sind.

Soweit es um die Verwendung von Stoffpreisgleitklauseln für Verträge mit öffentlichen Auftraggebern geht, ist zunächst einmal zu prüfen, ob für die betroffenen Rohstoffe überhaupt eine Stoffpreisgleitklausel vereinbart werden kann. Dies bestimmt sich nach den öffentlichen Vorgaben für Stoffpreisgleitklauseln, die in der Regel jährlich aktualisiert werden. Darüber hinaus muss berechnet werden, wie das Verhältnis zwischen dem zu gleitenden Baustoff und der geschätzten Auftragssumme ist. Das Verhältnis muss mindestens 1 % betragen. Alles größer als 1 % ermöglicht die Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel.

Die genauen Anforderungen und Formulierungen der Stoffpreisgleitklauseln ergeben sich aus den unterschiedlichen Rechtsvorschriften für das jeweilige Bauvorhaben und Bundesland. Aus diesen Gründen ist die wirksame Ausgestaltung sehr komplex. Voraussetzung ist die Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften für das zugrunde liegende Bauvorhaben, wie es etwa aus dem Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund) für den Hochbau nebst den einschlägigen Formblättern hervorgeht. Soweit das jeweilige Bundesland selbst Vorgaben für Stoffpreisgleitklauseln rechtlich geregelt hat, sind auch diese heranzuziehen.

Falls auch für Sie die Ausgestaltung einer Preisanpassungs- oder Stoffpreisgleitklausel in Betracht kommt, stehen wir Ihnen für eine Beratung und/oder Ausgestaltung gern zur Verfügung.

Chantal Hasselbach
Rechtsanwältin