Leistungsortbestimmung und Gefahrübergang: AGB Klausel zur Vereinbarung einer Schickschuld im Kauf-, Werk- und Mietrecht

Ein wesentlicher Regelungspunkt in Verträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist der Übergang der Gefahr für den zufälligen Untergang und die zufällige Verschlechterung des Vertragsgegenstandes, da jeder Vertragspartner ungern dafür die Verantwortung übernehmen möchte. Für die Frage, wer wann die Gefahr zu tragen hat, ist die Vereinbarung des Ortes entscheidend, an dem die vertragliche Leistung des Verkäufers, Werkunternehmers oder Leasinggebers zu erbringen ist.

Bei gemischten Verträgen, also Verträgen mit Vertragselementen aus mehreren Rechtsbereichen, muss der konkrete Leistungsort immer nach dem jeweilig abzugrenzenden Leistungsabschnitt bestimmt werden. Lässt sich allerdings ein überwiegender Vertragstyp im Kern feststellen, so muss ein allgemeiner Leistungsort für diesen Schwerpunkt des Vertrages festgelegt werden.

Die Bestimmung des Leistungsortes hat der Gesetzgeber in § 269 BGB geregelt. Dort heißt es im ersten Absatz: „Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte.“

Bezogen auf Kaufverträge hat dies zur Folge, dass der Käufer die Sache grundsätzlich beim Verkäufer abholen muss, weil die Übergabe der verkauften Sache am Sitz des Verkäufers geschuldet ist. § 269 Abs. 1 BGB gestattet es aber auch, einen anderen Leistungsort zu vereinbaren, wie z.B. den Sitz des Käufers. Solches kann individualvertraglich oder in den AGB geschehen. Man spricht dann von einer Bring- oder Schickschuld.

Aber aufgepasst: Allein aus der Tatsache, dass der Verkäufer nach Vertrag die Kosten der Versendung zu übernehmen hat, folgt noch lange nicht, dass der Ort, nach dem die Versendung zu erfolgen hat, auch der Leistungsort sein soll (siehe § 269 Abs. 3 BGB). Wird eine solche Änderung des Leistungsortes (und damit des Ortes des Gefahrübergangs) beabsichtigt, dann muss dies auch nachvollziehbar aus der vertraglichen Vereinbarung hervorgehen.

Auf einem anderen Blatt steht die Frage, welche rechtlichen Folgen der zufällige, weder vom Verkäufer, noch vom Käufer zu vertretende Untergang der verschickten Kaufsache, hat?

Denn bei einer Schickschuld wäre der Verkäufer zwar von seiner Leistungspflicht nach § 326 Abs. 1 BGB befreit, aber auch der Käufer von seiner Zahlungspflicht. Gemäß § 326 Abs. 2 BGB besteht die Zahlungspflicht des Käufers nur dann fort, wenn er für die Herbeiführung der Unmöglichkeit allein oder weit überwiegend die Verantwortung trägt. Damit trägt der Verkäufer bei der Schickschuld grundsätzlich das Risiko, die Vergütung des Käufers nicht zu erhalten, wenn die Leistung unmöglich wird. Das ist anders beim Versendungskauf gemäß § 447 BGB, der zwar der Hauptanwendungsfall der Schickschuld ist, aber nicht dieselben rechtlichen Folgen hat. In § 447 Abs. 1 heißt es: „Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte Sache nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat.“

Nach dem Absenden des Vertragsgegenstandes z. B. in Form von der Übergabe an die Transportperson, ist der Verkäufer zwar ebenso, wie bei der Schickschuld, von seinen vertraglichen Pflichten befreit. Allerdings geht hier auch die Vergütungsgefahr an den Empfänger über, was zur Konsequenz hat, dass beim zufälligen Untergang der Sache die Gegenleistungspflicht des Käufers (Zahlung der Vergütung) weiterhin erhalten bleibt. Ein Versendungskauf kann allerdings nur dann vereinbart werden, wenn der Käufer dies ausdrücklich wünscht und es sich bei beiden Parteien um Unternehmer handelt. Handelt es sich um einen Verbraucher, so ist dies nach § 475 Abs. 2 BGB ebenfalls möglich, die zur Ausführung der Versendung bestimmte Person muss aber durch den Käufer beauftragt worden sein und der Verkäufer darf dem Käufer diese Person oder Anstalt nicht zuvor benannt haben.

Im Werkrecht wird es im Übrigen durch § 644 Abs. 2 BGB dem Hersteller eines Werkes ebenso ermöglicht, die Vorschrift des Versendungskaufs im Rahmen des Werkvertrages anzuwenden. Allerdings bestehen keine Schutzpflichten des Unternehmers über die Abnahme hinaus, was impliziert, dass das Werk bei Versendung bereits abgenommen sein muss.
Fraglich ist jedoch, ob die Vereinbarung einer Schickschuld (mit der damit verbundenen Verlagerung des Gefahrübergangs) auch im Mietrecht möglich ist?

Liegt nämlich ein Mietvertrag oder ein typengemischter Vertrag mit mietrechtlichen oder überwiegend mietrechtlichen Elementen über bewegliche Sachen vor, so gehört zu den vertraglichen Verpflichtungen nicht nur die bloße Gebrauchsüberlassung einer Sache, die mit Anlieferung einmalig erledigt ist. Er beinhaltet vielmehr weitergehende Pflichten, wie die Instandsetzung und Instandhaltung seitens des Vermieters, die über die gesamte Mietzeit zu erfüllen sind und somit den Kerngehalt des Mietvertrages bilden. Die Risiken des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung der Sache soll der Vermieter während der gesamten Mietzeit tragen. Er hat außerdem die Mietsache in einem mangelfreien Zustand gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB zu halten. Damit kann es keinen Gefahrübergang im Mietrecht geben.

Folgerichtig kann bei Mietverträgen über bewegliche Sachen lediglich eine Hol- oder Bringschuld vereinbart werden. Würde man mit dem Mieter in den AGB eine Schickschuld (Versendung der Mietsache auf Verlangen des Mieters) vereinbaren, so würde die Gefahr mit Übergabe an die beauftragte Übermittlungsperson bereits auf den Mieter übergehen. Dies stünde den Vorschriften des Mietrechts entgegen, weil sodann der Vermieter entweder kein Risiko der Verschlechterung der Sache während der Mietzeit mehr tragen würde oder die Gefahr bei Ankunft der vermieteten Sache am Zielort wieder auf den Vermieter übergehen müsste, damit dieser seinen über die Mietzeit laufenden vertraglichen Verpflichtungen nachkommen kann.

Es wäre jedoch im Mietrecht nicht plausibel, dass die Gefahr mit dem Vereinbaren einer Schickschuld rein hypothetisch für die Zeit des Transports auf den Mieter wechselt, jedoch aufgrund der mietrechtlichen Verpflichtungen wieder auf den Vermieter übergeht, sobald die Sache am Zielort eintrifft. Dieses Vorgehen wäre nur eine rein künstlich geschaffene juristische Konstruktion, die nicht nur im Widerspruch zum Mietrecht steht, sondern auch dem Sinn des Gefahrübergangs zuwiderlaufen würde.

Folglich findet sich unter den mietrechtlichen Regelungen im Gesetz auch keine dem Versendungskauf ähnliche Vorschrift oder ein Verweis wie im Werkrecht (§ 644 Abs. 2 BGB), der die Annahme begründen würde, auch im Mietrecht einen Versendungskauf zulassen zu wollen. In der logischen Konsequenz lässt sich festhalten, dass vom Gesetzgeber eine im Mietrecht gleichlaufende Handhabung zum Versendungskauf, eine Art „Versendungsmiete“, gerade nicht gewollt wurde. Denklogisch kann vom Gesetzgeber im Mietrecht aufgrund des gleichen Kerngedankens bei einer Vereinbarung einer Schickschuld nichts Anderes gelten. Solch eine beliebige Leistungsortbestimmung, die der Natur des Schuldverhältnisses zuwiderläuft, wird auch in Rechtsprechung und Literatur deshalb als unwirksam angesehen. Fallen, wie bei der Miete, Leistungs- und Erfolgsort zusammen, so ergibt sich allein aufgrund der Natur des Schuldverhältnisses schon keine Möglichkeit zur Annahme einer Schickschuld. Gleiches gilt beispielsweise bei einem Kauf mit Montageverpflichtung vor Ort (vgl. BGH Urteil vom 06.11.2013, Az. VIII ZR 353/12).

Aufgrund dieser rechtlichen Gegebenheiten ist es nicht nur unsachgemäß, eine Schickschuld zu vereinbaren, die den Gefahrübergang auf den Mieter zur Folge hätte, sondern es besteht bei Verträgen mit mietrechtlichem Schwerpunkt oder einem hohen Anteil an mietrechtlichen Verpflichtungen gerade die Besonderheit, dass bezüglich der Bestimmung des Leistungs- und Erfüllungsorts keine freie Wahl besteht. Vielmehr wäre eine Übertragung der Gefahren auf den Mieter eine unangemessene Benachteiligung, was zur Folge hätte, dass die Klausel unwirksam wäre und einer AGB-Kontrolle nicht standhalten würde. Im Mietrecht muss mangels Gefahrübergang die Haftung für die Gefahrenquellen sachlogisch auch während des Transports beim Vermieter verbleiben.

Chantal Hasselbach und Hannah Scholz