Keine Abschlagsrechnungen bei teilweiser Fertigstellung von Teilleistungen

Ist im Bauvertrag ein Zahlungsplan vereinbart, der feste Raten nach Fertigstellung bestimmter Teilleistungen vorsieht, ist der Auftragnehmer nicht berechtigt, bei nur teilweiser Fertigstellung der Teilleistungen die hierfür vorgesehene Vergütung anteilig abzurechnen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn noch unwesentliche Restleistungen fehlen.

(OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.04.2023 – 15 U 101/22)

Ein Unternehmer ist mit der schlüsselfertigen Errichtung zweier Gebäude zu einem Pauschalpreis i. H. v. 26.000.000 € beauftragt. Der Auftraggeber zahlte die 11. Abschlagsrechnung nicht. Daraufhin stellt der Generalunternehmer die Arbeiten ein und räumt teilweise die Baustelle. Nach Fristsetzung mit Kündigungsandrohung kündigt der Auftraggeber den Bauvertrag. In dem Rechtsstreit geht es (auch) um die Frage, ob der Auftragnehmer berechtigt war, wegen Nichtbezahlung der Abschlagsrechnung die Arbeiten einzustellen.

Mit der 11. Abschlagsrechnung über 777.376,49 Euro netto rechtete der GU die 12. Rate „Fertigstellung Glaserarbeiten“ zu 85 % und die 13. Rate Fertigstellung „Rohinstallation“ zu 20 % ab. Nach dem Zahlungsplan waren die 12. und 13. Rate jeweils mit 5 % der Angebotssumme bewertet und nach Fertigstellung der Glaserarbeiten bzw. Rohinstallation fällig. In beiden Fällen waren die Arbeiten nicht fertiggestellt, wie sich schon aus der Rechnung selbst ergab. Eine anteilige Geltendmachung sah der Zahlungsplan nicht vor.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht entscheidet, dass der Generalunternehmer aufgrund des von ihm selbst aufgestellten Zahlungsplans, der nach § 2 Nr. 2a) des GU-Vertrages Vertragsbestandteil war, nicht berechtigt war, die vereinbarten Raten anteilig abzurechnen. Ob es mit Blick auf Notwendigkeiten im Baufortschritt allgemein üblich sei, z. B. Glasarbeiten trotz ihrer nicht vollständigen Fertigstellung abzurechnen, könne dahinstehen. Denn hierbei handele es sich gewöhnlich um untergeordnete Arbeiten (etwa das Belassen der Bautüren bis zur endgültigen Fertigstellung). Die vom GU in den Rechnungen zugrunde gelegten Fertigstellungsgrade würden einer Fertigstellung nicht gleichstehen, was insbesondere bei dem Fertigstellungsgrad der Rohinstallation deutlich werde, der nur 20 % betrug.

Praxishinweis

Bei der Aufstellung und Vereinbarung von Zahlungsplänen muss der Auftragnehmer darauf achten, dass die vorgesehenen Raten auch anteilig abgerechnet werden können, etwa Bauteilweise oder Etagenweise oder nach Schätzung des anteiligen Leistungsstandes. Andernfalls läuft der Auftragnehmer das Risiko, dass erst nach (nahezu) vollständiger Fertigstellung des betreffenden Leistungsteils eine Abrechnung erfolgen kann, was erhebliche Liquiditätsnachteile mit sich bringt.

Auch Auftraggebern können wir solche Zahlungspläne nicht empfehlen, weil das erfahrungsgemäß zu Streit mit dem Auftragnehmer führt, der weitaus stärker in die Vorleistung gehen muss, als das bei einer normalen Abrechnung nach Baufortschritt der Fall wäre. Soweit der Zahlungsplan vom Auftraggeber vorgegeben wird, kommt auch infrage, dass der Zahlungsplan als Allgemeine Geschäftsbedingung wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers unwirksam ist (BGH, Urteil vom 10.10.1991 – VII ZR 289/90 für den Fall eines vom Auftragnehmer vorgegebenen Zahlungsplanes, der höhere Zahlungen als nach Baufortschritt vorsah). Hierüber musste das OLG Karlsruhe im beschriebenen Fall nicht entscheiden, weil der Zahlungsplan vom Generalunternehmer selbst aufgestellt worden war.

Hendrik Bach
Rechtsanwalt