Zur gesamtschuldnerischen Haftung bei Planungsfehlern

Hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer für die Ausführung der Leistung Pläne zur Verfügung gestellt, müssen diese auch richtig sein. Ein Verschulden des Architekten muss der Auftraggeber sich zurechnen lassen.

Ein Gefälle von 0,9 % unterschreitet die maßgebenden Vorschriften für genutzte Terrassen und begründet daher einen Mangel wegen Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik.

Liegt ein Planungsfehler vor und hat der Bauunternehmer gegen die fehlerhafte Planung keine Bedenken geltend gemacht, sind beide für die Entstehung des Mangels verantwortlich. Der Anteil der Kostentragungspflicht hängt von einer Abwägung der Umstände des Falls ab, wobei insbesondere auf das Maß der beiderseitigen Verursachung abzustellen ist und erst in zweiter Linie auf das Maß des beiderseitigen Verschuldens. Es kommt für die Haftungsverteilung wesentlich darauf an, ob das Verhalten des Auftraggebers oder das des Auftragnehmers den Eintritt des Schadens in erheblich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat.

(OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 – 10 U 80/23)

Ein Auftraggeber verklagt seinen Architekten und den Rohbauunternehmer auf Schadenersatz bzw. Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung, weil auf seiner Terrasse das Wasser nicht richtig abläuft. Grund hierfür ist ein nicht ausreichendes Gefälle des Belages auf dem Gefälleestrich nach einer fehlerhaften Gefälleplanung des Architekten.

Laut Landgericht hätte der Architekt erkennen müssen, dass der vom Auftraggeber gewünschte Terrassenaufbau bei der vorhandenen Baukonstruktion (Bestandsgebäude, Aufbauhöhen) nicht funktionieren wird und eine andere Lösung planen müssen.

Der Bauunternehmer argumentiert, dass er auf das sehr geringe Gefälle hingewiesen habe und daraufhin noch eine Entwässerungsrinne vor der Fensteranlage als Nachtrag beauftragt worden sei. Daher hafte er nicht.

Das Landgericht entscheidet, dass der Architekt in voller Höhe für die Kosten der Mangelbeseitigung haftet, der Bauunternehmer aber nur zu 50 %, weil sich der Auftraggeber das Verschulden des Architekten haftungsmindernd entgegenhalten lassen müsste.

Der Bauunternehmer legt Berufung ein.

Die Entscheidung des Gerichts

Teilweise mit Erfolg! Das OLG reduziert den Anteil, den der Auftragnehmer von den Kosten der Mangelbeseitigung zahlen muss, von 1/2 auf 1/3 der Kosten.

Das Gericht schließt sich zunächst der Bewertung des Landgerichts an, ein Gefälle von 0,9 % sei ein Baumangel. Der Gutachter gehe davon aus, dass zwar ein geringeres Gefälle als Ausnahme möglich wäre, im konkreten Fall aber dazu führen würde, dass der Zementestrich auf der Abdichtungsschicht die ganze Zeit dem Wasser ausgesetzt sei, was schließlich zu den gerügten Ausblühungen geführt habe. Mit einem Spezialestrich hätte ein ausreichendes Gefälle von 3 % hergestellt werden können.

Den Hinweis des Auftragnehmers auf das geringe Gefälle hält das Gericht nicht für ausreichend. Das Gericht erklärte hierzu, dass der Bauunternehmer den Auftraggeber umfassend über die Risiken eines nicht normgerechten Gefälles aufklären müsse. Das sei nicht geschehen; es sei lediglich über die Möglichkeit eines Wassereintritts im Bereich der Schwelle gesprochen worden, nicht aber über sonstige mit dem zu geringen Gefälle verbundene Risiken.

Grundsätzlich haftet daher der Auftragnehmer für den Mangel, wenn auch nur zu einem Drittel.

Zur Begründung der Haftungsquote sagt das Gericht, dass man in einer ersten „Stufe“ der Prüfung in solchen Fällen feststellen müsse, wer die Primärursache für den Schaden gesetzt habe. Das sei hier der Architekt gewesen. Erst im zweiten Schritt sei zu prüfen, wie schwer das Verschulden hinsichtlich der jeweiligen Pflichtverletzungen wiege.

Praxishinweis

Das Gericht folgt der ständigen Rechtsprechung, nach der jede Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik als Mangel zu betrachten ist, außer, es wäre ausdrücklich eine Abweichung vereinbart worden. Das könne aber nur angenommen werden, wenn der Auftraggeber, selbst wenn er sachkundig sein sollte, umfassend über die Risiken und denkbaren Folgen der Bauausführung aufgeklärt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 – VII ZR 169/82, NJW 1984, 2457; BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 – VII ZR 45/04, NZBau 2005, 456).

Es reicht demzufolge nicht aus, wenn der Auftragnehmer den Auftraggeber lediglich auf den Fakt hinweist, dass Anweisungen des Auftraggebers oder seines Architekten dazu führen werden, dass Vorgaben aus Regelwerken nicht eingehalten werden. Vielmehr muss der Auftragnehmer explizit auf die Risiken hinweisen, die sich aus der Abweichung ergeben können. Tut er das nicht, reicht der Bedenkenhinweis nicht aus, um den Auftragnehmer vollständig von der Haftung zu befreien.

Was die Haftungsquote angeht, entspricht die Prüfung der Schwere des Verschuldens ständiger Rechtsprechung. Ist z. B. ein Planungsfehler für den Bauunternehmer nur sehr schwer zu erkennen, wird der Mitverschuldensanteil des Architekten und damit des Auftraggebers in der Regel höher ausfallen als bei eindeutigen Fehlern, die jeder Bauunternehmer sehen muss. Typische Haftungskonstellationen, in denen vom ausführenden Unternehmen keine Bedenken gegen eine mangelhafte Ausführungsplanung erhoben werden, sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung häufig mit einer 50:50-Quote bewertet worden (z. B. OLG Braunschweig, Urteil vom 17.01.2013 – 8 U 203/10OLG). Es kommt aber auch vor, dass der Mitverschuldensanteil des Auftraggebers niedriger angesetzt wird, etwa bei fehlender Planung von Bewegungsfugen im Estrich, was der Estrichleger auf jeden Fall hätte wissen müssen (OLG München, Urteil vom 16.11.2016 – 27 U 2266/16 Bau).

Die Quotierung scheint (womöglich den Gerichten nicht bewusst) auch davon abzuhängen, ob Architekt und Bauunternehmer zusammen verklagt werden oder der Bauunternehmer alleine dem Auftraggeber gegenübersteht. Rechtlich dürfte das eigentlich keine Rolle spielen, psychologisch scheinbar aber doch.

Die zusätzliche Überlegung des OLG Brandenburg, dass es auch darauf ankommen würde, wer die primäre Ursache für den Baumangel gesetzt habe, wird so von anderen Gerichten nicht geteilt und wird sich vermutlich auch nicht durchsetzen.

Hendrik Bach
Rechtsanwalt